Unseren Sozialstaat stärken

Article de presse

17. Juni 2022

Eine hohe Kinderarmutsrate, ein stetiger Anstieg des Armutsrisikos und ein größer werdendes Ungerechtigkeitsbewusstsein in unserem Land belegen deutlich: es bleibt noch viel zu tun. Die aktuell rasante Inflation droht zudem bestehende Ungerechtigkeiten auch hierzulande zu verschärfen. Der Ausbau unseres Sozialstaats muss deshalb jetzt ganz oben auf unserer politischen Agenda stehen.

Wir sind in den kommenden Monaten gefordert, den sozial Schwächsten in unserer Gesellschaft noch stärker zu helfen. Denn die Teuerung insbesondere bei Lebensmitteln, Alltagsgütern und Energiepreisen birgt die Gefahr, bis dato noch nicht betroffene Haushalte und Familien an das Existenzminimum zu drängen und auch die Problematik der „Working poors“ zu verschlimmern. So werden die „Épiceries sociales“ bereits vermehrt besucht und auch die Sozialämter sehen steigende Antragssteller*innen voraus.

Die Regierung hat im Rahmen der Tripartite einige wichtige finanzielle Hilfsmechanismen bereitgestellt. Einer davon ist die Energieprämie in Höhe von 200 bis 400€ für Empfänger der Teuerungszulage, welche automatisch ausbezahlt wird. Neu bei der Energieprämie ist, dass auch jene Haushalte antragsberechtigt sind, welche die vorgesehene Einkommensobergrenze für die Teuerungszulage um bis zu 25% überschreiten. Diese müssen die Prämie allerdings aktiv anfragen. Leider haben bis dato nur 4% der zulässigen Haushalte einen Antrag gestellt, sodass hier bei der Sensibilisierung dringend nachgebessert werden muss.

Alleinerziehende Familien sind in unserem Land am stärksten unter dem Armutsrisiko betroffen. Als Grüne haben wir deshalb bereits letzten Herbst eine substanzielle Erhöhung des „Crédit d’impôt monoparental (CIM)“ gefordert. So brauchen wir in der aktuellen Situation eine Verdopplung des Steuerkredits von 1500€ auf 3000€.

Junge Menschen zwischen 18 und 25 Jahren sind ebenfalls stärker vom Armutsrisiko betroffen. Manche von ihnen sind dabei einem äußerst schweren Start ins Leben ausgesetzt, welcher von familiären Problemen, über schulisches Scheitern, bis hin zu einer schrittweisen gesellschaftlichen Marginalisierung reicht. Diese jungen Menschen benötigen eine intensive, niedrigschwellige Unterstützung. So müssen wir mehr Angebote im Bereich des Wohnens, bei der psychologischen Hilfe und den Berufsbildungsmaßnahmen schaffen. Zudem muss auch das REVIS-Gesetz überarbeitet werden, um anhand klarer Kriterien auch mehr 18-25-Jährigen den Zugang zu ermöglichen.

Im Bereich von Obdachlosigkeit und Drogenabhängigkeit wurde bisher unterlassen, genügend adäquate Strukturen zur Verfügung zu stellen und ausreichend in dezentrale Hilfsangebote zu investieren. Die Menschen auf der Straße sind aber oft in sehr komplexen Lebenssituationen gefangen. Sie brauchen medizinische Hilfsangebote und Suchttherapiemöglichkeiten, ein Housing-First-Programm, das seinen Namen verdient, und ausreichend Sozialarbeiter*innen, die auch an Feierabenden und Wochenenden mit ihnen arbeiten, ihnen zuhören und sie bei der Arbeitssuche und Resozialisierung begleiten.

Vor allem aber müssen wir mehr in präventive Maßnahmen investieren, um junge Menschen und Familien vor Prekarität und Armut zu schützen. Mehr Ambition, eine bessere inter-ministerielle Kooperation innerhalb der Regierung, eine pro-aktivere Kommunikation und präventive, datenbasierte Maßnahmen sind dringend nötig, um auf die sich verschärfende Situation zu reagieren. Wollen wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt erhalten und Armut erfolgreich in unserem Land bekämpfen, müssen wir gerade jetzt an den richtigen Stellen investieren. Wir müssen gerade jetzt unseren Sozialstaat stärken.

Djuna Bernard, Abgeordnete und Parteipräsidentin déi gréng, und Meris Sehovic Parteipräsident déi gréng

 

Fräi Tribüne am Lëtzebuerger Land vum 17. Juni 2022

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