Mehr Transparenz wagen : Vertrauen in die Chamber stärken

Briefing de presse

19. Januar 2023

Das Vertrauen der Bürger*innen in die Politik ist ein wichtiger Grundpfeiler der parlamentarischen Demokratie. Leider tragen Affären wie der rezente Korruptionsskandal um Eva Kaili im Europaparlament nicht zur Stärkung des Vertrauens in die politischen Institutionen bei. In Luxemburg erreicht das Vertrauen der Bürger*innen in die Chamber laut den rezentesten Statistiken von Eurobarometer nur noch 54%[1]. Auch wenn dies noch 20 Prozent über dem europäischen Durchschnitt liegt, so ist trotzdem ein Vertrauensverlust von 8 Prozentpunkten im Vergleich zum Frühjahr 2021 festzustellen[2]. Dieser negativen Tendenz gilt es entgegenzuwirken, indem wir das Vertrauen in unser Parlament und damit auch unsere Demokratie stärken.

Das Vertrauen der Bevölkerung in die politischen Institutionen ist keine Selbstverständlichkeit. Sie muss erarbeitet werden. Grundvoraussetzung ist, dass sich Institutionen wie die Chamber kontinuierlich in Frage stellen und sich transparente, nachvollziehbare und überprüfbare Prozeduren geben. Effiziente und zielgerichtete Kommunikationsflüsse spielen in diesem Kontext eine entscheidende Rolle. Wichtig ist in diesem Sinn auch, dass problematische Interessenskonflikte bei Abgeordneten bestmöglich zu vermeiden. 

Aus all diesen Gründen setzen wir gréng uns schon seit unserer Parteigründung für mehr Transparenz in der Chamber ein. Die Einführung eines Transparenzregisters, sowie die Überarbeitung der „Déclaration des intérêts financiers“ für Abgeordnete im Dezember beziehungsweise September 2021 waren kleine Teilerfolge in diesem Prozess. Die Bemühungen für die Stärkung der parlamentarischen Transparenz dürfen jedoch nicht auf halbem Wege stehen bleiben.

Öffentlichkeit der Kommissionssitzungen

Wir gréng stehen weiterhin zu unserer langjährigen Forderung, die Kommissionssitzungen der Chamber öffentlich zu übertragen , so wie dies bereits in anderen europäischen Ländern der Fall ist. Nicht öffentliche Kommissionssitzungen sind dort die Ausnahme und nicht die Regel.

In diesem Zusammenhang begrüßen wir die rezente Aussage des Chamberpräsidenten in einem RTL-Interview, dass es bereits heute technisch möglich sei, die Kommissionen in der Chamber öffentlich tagen zu lassen. Zudem stand der Präsident der Idee, die Sitzungen verschiedener Kommissionen in einer ersten Pilotphase öffentlich zu übertragen, positiv gegenüber.

Reform des Transparenzregisters

Ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung in Richtung mehr Transparenz ist eine Reform des vor einem Jahr eingeführten parlamentarischen Transparenzregisters.

Der Austausch mit Interessensvertreter*innen aus der Zivilbevölkerung, sowie u.a. mit sozial, medizinisch, kulturell, bildungsfachlich oder wirtschaftlich ausgerichteten Organisationen ist ein fester Bestandteil unseres politischen Systems und der parlamentarischen Arbeit. Auf Informationen, Fachkompetenz und die Expertise aus all diesen und anderen Bereichen zurückgreifen zu können, erlaubt es den Abgeordneten in der Tat, sich eine fundierte Meinung im politischen Entscheidungsprozess zu bilden. Gegebenenfalls erleichtert ein solcher Austausch auch die Erarbeitung von Kompromissen, sowie die Schärfung der eigenen politischen Positionen und Argumente.

In diesem Prozess darf nicht der Eindruck entstehen, Entscheidungen würden der Politik „im stillen Kämmerlein“ diktiert. Eine solche Sichtweise würde das Misstrauen in die Politik erhöhen, statt das Vertrauen zu stärken. Aufgrund dieses Risikos veröffentlichen die grünen Abgeordneten und Parteipräsident*innen seit Januar 2022 alle Treffen mit Interessensvertreter*innen in einem Transparenzkalender auf https://greng.lu/transparenz/. Die darin veröffentlichten Informationen beinhalten die Hauptthemenfelder der Unterredungen.

Damit gehen wir gréng einen wesentlichen Schritt weiter, als die aktuellen Transparenzregeln der Chamber es von uns verlangen. Die gegenwärtige Regelung bezieht nämlich weder die Verantwortung der Abgeordneten ein, noch ergeben sich aus dem Transparenzregister klare Angaben über Inhalt, Ort und Zeitpunkt der organisierten Treffen. Unserer Ansicht nach wird das Transparenzregister der Chamber deshalb seinen eigenen Ansprüchen nicht gerecht.

Damit diese Kartei nicht länger ein „Gästebuch ohne Nutzen[3]“ bleibt, muss es in einen wahren Transparenzkalender umgewandelt werden. Damit werden die Abgeordneten in die Verantwortung gezogen und dazu verpflichtet, ihre organisierten Treffen mit Interessensvertreter*innen auf der Webseite der Chamber zu veröffentlichen. Dies unabhängig davon, ob Treffen persönlich oder digital stattgefunden haben. Informationen, die verpflichtend in ein solches Transparenzkalender gehören, sind unter anderen:

  • der Anlass eines Treffens, beziehungsweise die wichtigsten Gesprächsthemen;
  • wann, wo, mit wem und in welchem Format das Treffen stattgefunden hat.

Wichtig ist auch, die Ausnahmeregelungen für Einträge in den Transparenzkalender klarer zu definieren und strenger einzugrenzen, als es aktuell der Fall ist. So sollen zum Beispiel auch Treffen mit Diplomat*innen im Transparenzkalender vermerkt werden.

Mehr Transparenz bei den wirtschaftlichen Interessen und Nebeneinkünften der Abgeordneten

Eine weitere Baustelle ist die „Déclaration des intérêts financiers“ der Abgeordneten. Ziel dieser schon bestehenden Deklaration ist es, Informationen über die wirtschaftlichen Interessen der Abgeordneten zu liefern. Dies anhand von Tabellen, in denen die Aktivitäten und jährliche Einkünfte/Nebenverdienste der Abgeordneten eingetragen werden müssen. Eine erhöhte Transparenz bei diesen Deklarationen ist die Voraussetzung, hilft bei der Vermeidung von problematischen Interessenskonflikten. Dies, indem die Bürger*innen und die Presse als demokratische Kontrollinstanz, einen besseren Überblick der Nebenverdienste der Abgeordneten erhalten.

Die Reform der „Déclaration des intérêts financiers“ vom September 2021 hat bereits zu mehr Transparenz in diesem Bereich geführt. So wurde dank unseres Einsatzes in der Reglement-Kommission, die Einkünfte-Tabelle um eine Kategorie 0 („mandat gratuit“) und eine Kategorie IV (> 200.000€) ausgeweitet (siehe unten).

Trotzdem gibt es noch Schwachstellen was die Deklaration der Nebeneinkünfte der Abgeordneten angeht. Bei Einkünften aus Immobilien beziehen sich die Transparenzregeln der Chamber nämlich nicht auf eine Einkommenslogik, sondern darauf, ob Immobilien von einer Firma verwaltet werden. So brauchen Wohnungen die nicht über eine SCI („Société civile immobilière“) verwaltet und rentabilisiert werden, zum Beispiel nicht von den Abgeordneten angegeben zu werden.

Schwer einschätzbar ist auch die genaue Höhe der Nebeneinkünfte von Aktivitäten, die in eine der höheren Kategorien fallen, besonders jene ab Kategorie III. Deshalb sprechen wir uns für die Überarbeitung der bestehenden Deklaration für Abgeordnete aus. Maßgebend ist dabei die Angabe der präzisen Nebeneinkünfte in den höheren Kategorien.

Betreffend die Beteiligung von Abgeordneten in Gesellschaften, würden Angaben über deren nationalen und internationalen Tätigkeitsfelder darüber hinaus zur Stärkung der Transparenz beitragen und Aufschluss über deren potenzielle Einflussnahme auf die besagten Abgeordneten geben.

***

 

Das aktuelle Format der Tabellen in der „Déclaration des intérêts financiers

Mandat(s) / Participation(s) / Activité(s) Catégories de revenus
0

 

Mandat gratuit

I

1-

5.000€

II

5.001-10.000€

III

10.001-50.000€

IV

50.001-100.000€

V

100.001-

200.000€

VI

200.000€

 

 

[1] https://europa.eu/eurobarometer/api/deliverable/download/file?deliverableId=83457

[2]https://europa.eu/eurobarometer/api/deliverable/download/file?deliverableId=76748

[3] https://www.reporter.lu/luxemburg-analyse-lobbyregister-ein-gaestebuch-ohne-nutzen/

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